Von „De l’Allemagne“ bis „Chaosküsse mit Croissant“

Deutsch-französische Sichtweisen in Autobiographien und Romanen

In der Frankreich-Bibliothek findet sich neben sozialwissenschaftlicher Literatur auch eine Sammlung von autobiographischen Büchern, die das jeweilige Nachbarland aus der persönlichen Sicht von Deutschen und Franzosen zeigen, die dort längere Zeit gelebt haben oder sogar heimisch geworden sind. Eine Auswahl von französischer und deutscher Romane bietet Beispiele dafür, wie eigenes oder überliefertes Erleben in Fiktion mit deutsch-französischer Thematik überführt werden kann.

Am Anfang der Sammlung steht „De l’Allemagne“ von Madame de Staël. Bei seinem Erscheinen 1810 in Frankreich zunächst verboten, trug das Buch in den 1820er Jahren maßgeblich dazu bei, dass sich französische Intellektuelle und Künstler wie z.B. Victor Hugo oder Gérard de Nerval für ihre östlichen Nachbarn und deren Kultur zu interessieren begannen. Deutsche Reaktionen auf dieses Buch zeigen allerdings, dass sich die Beschriebenen selbst in den Darstellungen aus fremder Sicht oft nicht so recht wiederzuerkennen vermögen. So schrieb Heinrich Heine zu dem von de Staël vermittelten Deutschlandbild: „Die gute Dame sah bei uns nur, was sie sehen wollte: ein nebelhaftes Geisterland, wo die Menschen ohne Leiber, ganz Tugend, über Schneegefilde wandeln und sich nur von Moral und Metaphysik unterhalten!“

Erzählwerke aus den 1920er Jahren, in denen trotz vorherrschender Ressentiments für eine versöhnliche Beziehung zwischen den Nachbarn geworben wird, sind z.B. „Der Grenzpfahl“ von Liesbet Dill oder „Erbfeindschaft: Versuch einer Annährung“ der französischen Autorin Suzanne de Callias.

Über die deutsche Besatzung in Frankreich und die Nachkriegszeit erzählen deutsche und französische Autoren gleichermaßen: Henri Vincenot schildert in seinem Roman „Walther, ce boche mon ami“ die Freundschaft zwischen einem französischen Lehrer und einem deutschen Soldaten im besetzten Frankreich, die tragisch endet; Gudrun Pausewang in „Au revoir, bis nach dem Krieg“ die verbotene Liebe zwischen einem französischen Kriegsgefangenen und einem badischen Mädchen in der Ortenau. Über die schlimmen Folgen, die eine Beziehung zu einem Deutschen für eine Französin nach der Befreiung 1944 haben konnte, berichtet der französische Journalist Betrand Arbogast in seinem Buch „La Tondue: un amour de jeunesse franco-allemand“; das Schicksal einer Französin, die schon 1946 bereit war, aus Liebe zu einem deutschen Kriegsgefangenen nach Speyer zu gehen, stellt Catherine Paysanne in ihrem autobiographische Roman „L’amour là-bas en Allemagne“ dar.

„In Frankreich studiert man die Menschen, in Deutschland die Bücher.“

Germaine de Staël

Davon, dass sich die Beziehungen zwischen beiden Ländern seit 1945 deutlich entspannt haben, künden Titel neuerer autobiographischer Bücher wie „Le Fettnapf: Wie ich lernte, mich in Frankreich nicht zum Horst zu machen“ der Pariser Handesblatt-Korrespondentin Tanja Kuchenbecker oder „Le bonheur allemand“ der französischen Deutschlandkorrespondentin Pascale Hugues.

Über die großen und kleinen Hürden, die der französische Lehrer Jean-Pierre Jouteux seit nun bald 60 Jahren zwischen deutscher Pünktlichkeit und Reinlichkeit nehmen muss, erzählt die Journalistin Anita Pleic in ihrem Buch „Karambolage – Carambolage: Wenn Bordeaux auf Riesling trifft“. Jouteux, der in den 60er-Jahren aus Abenteuerlust nach Mainz kam und dort heimisch wurde, hat seinen Platz in der Gesellschaft schließlich dank der Mitgliedschaft in einem Kleingärtnerverein gefunden.

Die Ansichten, die deutsche und französische Autoren über das Nachbarland vermitteln, sind natürlich meist nicht durch wissenschaftliche Studien belegt, sondern geben Klischees oder Einzelmeinungen wieder, über die sich trefflich streiten ließe oder die zumindest überraschen. Die Journalistin Annika Joeres vertritt in ihrem Buch „Vive la famille: was wir von Franzosen übers Familienglück lernen können“ z.B. die Meinung, dass Dank des französischen Schulsystems bis zur Oberstufe dort weniger Druck auf die Schüler ausgeübt werde als in Deutschland; Pascale Hugues beschreibt die Süddeutschen als schwerblütig behäbig.

Auch in manchen Jugendbüchern werden deutsch-französische Begegnungen thematisiert. In ihrem Liebesroman „Chaosküsse mit Croissant“ aus der Reihe „Freche Mädchen – Freche Bücher“ schildert Hortense Ullrich die Erlebnisse von Jojo, einem deutschen Mädchen, das an einem Schüleraustausch mit Frankreich teilnimmt. In Frankreich werden ihre Gefühle gehörig durcheinander gebracht. Soll sie sich dem charmanten Franzosen Clement hingeben, der ihr jeden Morgen frische Croissants vorbeibringt? Kann sie ihren etwas chaotischen Freund Tim, der zu Hause in Deutschland auf sie wartet, wirklich so einfach vergessen? Der Strauß voller Rosen, die „Blüm d’amour“ von Clement sind aber einfach echt verlockend!

Einen Überblick über alle Bücher zum Nachbarland aus persönlichem Erleben und Romane mit deutsch-französischer Thematik finden Sie hier:

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