Die Wiederwahl Emmanuel Macrons offenbart eine tiefe Spaltung der französischen Gesellschaft. Diese wird vom praktisch verschwundenen traditionellen Parteiensystem nicht mehr abgebildet. Stattdessen stehen sich nach der Präsidentschaftswahl drei Lager (Linkspopulisten, liberales Zentrum, Rechtspopulisten) gegenüber. Dieses Novum im bisher bipolaren französischen politischen System wird sich auf die bevorstehende Parlamentswahl auswirken. Möglicherweise wird Präsident Macron nach der Wahl zwar nicht über eine eigene Mehrheit verfügen, es wird aber auch keine Mehrheit gegen ihn (Cohabitation) geben. Diese Situation wäre ein Novum für das politische System der V. Republik. Die darin zum Ausdruck kommenden gesellschaftlichen Spannungen werden so oder so eine lagerübergreifende Anstrengung zur politischen und gesellschaftlichen Reform erfordern.